Die Eroberung des Inkareiches war ein entscheidender Abschnitt in der Geschichte Südamerikas. Sie begann 1532, als eine kleine spanische Expedition unter der Führung von Francisco Pizarro in das Reich der Inka einfiel, das sich damals über das heutige Peru, Ecuador, einen Teil Boliviens, Argentiniens, Kolumbiens und Chiles erstreckte.

  1. Vor der Eroberung: Das Inka-Reich, auch als Tawantinsuyu bekannt, war das größte präkolumbianische Reich in Amerika. Es hatte eine hochentwickelte Kultur, eine effiziente Verwaltung und eine komplexe Gesellschaftsstruktur. Die Inka waren für ihre Architektur, ihr Straßensystem, ihre Landwirtschaftstechniken und ihr System der Quipus (Knotenschrift) bekannt.
  2. Die Ankunft der Spanier: Francisco Pizarro und seine Männer landeten 1532 in Peru. Sie waren in erster Linie auf der Suche nach Reichtum, inspiriert von den Erfolgen von Hernán Cortés, der wenige Jahre zuvor das Aztekenreich erobert hatte. Pizarro kam während eines Bürgerkriegs im Inka-Reich an, der nach dem Tod des Inka-Herrschers Huayna Capac ausgebrochen war. Seine Söhne, Atahualpa und Huáscar, stritten um die Thronfolge.
  3. Die Gefangennahme von Atahualpa: Pizarro und seine Männer nahmen Atahualpa, der den Bürgerkrieg gewonnen hatte, in der Schlacht von Cajamarca gefangen. Trotz der Erfüllung des Lösegelds in Form eines Raums voller Gold und Silber, ließen die Spanier Atahualpa nicht frei. Stattdessen verurteilten sie ihn unter vorgetäuschten Anklagen zum Tode und er wurde 1533 hingerichtet.
  4. Die Eroberung des Inkareichs: Nach dem Tod von Atahualpa begannen die Spanier, das Inkareich systematisch zu erobern. Sie gründeten 1535 die Stadt Lima als neue Hauptstadt. Es gab Widerstand seitens der Inka, insbesondere in der Person von Manco Inca Yupanqui, aber die Spanier waren militärisch überlegen, vor allem wegen ihrer Pferde und Feuerwaffen.
  5. Die Folgen der Eroberung: Die Folgen der Eroberung waren katastrophal für die einheimische Bevölkerung. Durch Krankheiten, die die Spanier mitbrachten, wie Pocken und Grippe, sowie durch Zwangsarbeit und Gewalt wurde ein Großteil der indigenen Bevölkerung ausgelöscht. Das Inkareich wurde Teil des spanischen Kolonialreichs, die sogenannten Vizekönigreiche Peru und später das Vizekönigreich Río de la Plata.
  6. Der letzte Widerstand: Trotz der Eroberung leisteten die Inka weiterhin Widerstand. Der letzte Inka-Herrscher, Tupac Amaru, wurde 1572 von den Spaniern gefangen genommen und hingerichtet. Dies markiert in der Regel das Ende des Inkareichs.

Es ist wichtig zu beachten, dass unsere Verständnis der Eroberung des Inkareichs von den Berichten der Spanier und einigen späteren indigenen Quellen abgeleitet ist, die ihre eigenen Vorurteile und Perspektiven haben können. Kritische Geschichtsschreibung versucht, diese Vorurteile zu erkennen und auszugleichen.

Einige weitere Aspekte, die beachtet werden sollten:

Die Rolle der indigenen Verbündeten: Die Spanier konnten die Eroberung nicht alleine durchführen. Sie machten sich interne Konflikte und Unzufriedenheit innerhalb des Inkareichs zunutze und zogen lokale Verbündete auf ihre Seite. Einige indigene Gruppen unterstützten die Spanier in der Hoffnung, die Inka-Herrschaft abzuschütteln.

Die Bedeutung der Krankheiten: Die Krankheiten, die die Spanier mitbrachten, hatten verheerende Auswirkungen auf die Bevölkerung des Inkareichs. Die Inka hatten keine Immunität gegen Krankheiten wie Pocken, Masern und Grippe, die tödliche Epidemien verursachten. Einige Historiker schätzen, dass diese Krankheiten mehr Menschenleben kosteten als die Kriegsführung selbst.

Kultureller Wandel und Synkretismus: Trotz der gewaltsamen Eroberung und Unterdrückung überlebten viele Aspekte der Inka-Kultur und vermischten sich mit den spanischen Einflüssen. Die Quechua-Sprache, die von den Inka gesprochen wurde, wird noch heute von Millionen von Menschen in den Anden gesprochen. Auch viele Traditionen, künstlerische Stile und landwirtschaftliche Techniken der Inka sind noch heute lebendig.

Archäologische Untersuchungen: Die archäologische Forschung hat viel zu unserem Verständnis des Inkareichs und seiner Eroberung beigetragen. Orte wie Machu Picchu, die heilige Stadt der Inka, die erst im 20. Jahrhundert wiederentdeckt wurde, liefern wichtige Einblicke in die Inka-Gesellschaft.

Die Eroberung des Inkareichs war ein bedeutendes Ereignis, das die Geschichte Südamerikas maßgeblich geprägt hat. Es ist eine Geschichte von Zusammenstößen zwischen Kulturen, von Gewalt und Unterdrückung, aber auch von Anpassung, Widerstand und kultureller Vielfalt.